Erinnerung an die Opfer der NS-Zeit

Außenlager Wedel des Konzentrationslager Neuengamme

Gedenkstein für die Opfer des KZ-Außenlager Wedel an der Rissener Straße

Gedenkstein KZ

Das Mahnmal für das Außenkommando Wedel des Konzentrationslagers Neuengamme steht seit 1986 an der Rissener Straße. Es wurde im November 1989 feierlich enthüllt.
Der Gedenkstein des Steinmetz Johannes Sierck wurde mit einer Informationstafel des Wedeler Grafikers Jürgen Pieplow versehen. Das Gelände, es wurde 1997 erweitert, wurde seinerzeit von der Firma Possehl zur Verfügung gestellt.

Das Gelände des Außenlagers Wedel

Zur Verdeutlichung des Geländes wurde ein Messtischblatt von 1949 auf einen heutigen Stadtplan gelegt. Der Lagerkomplex - genannt "Barackenlager II" erstreckte sich auf das Areal zwischen der Rissener Straße, dem Voßhagen und der Feldstraße. Das Außenlager war in dem nordöstlichen Teil eingerichtet und war von einem Stacheldrahtzaun umgeben. Wachttürme waren nicht vorhanden.
In den anderen Baracken wurden Arbeiter untergebracht, die u.a. in Wedeler Firmen Zwangsarbeit leisten mussten. Nach dem 8. Mai 1945 diente das Lager der britischen Militärregierung - später der UNRRA - als Übersiedlungslager für Displaced Persons. Da ab 1946 überwiegend DPs aus den Baltischen Ländern dort untergebracht waren, wurde es zum "Baltic Office" - im Wedeler Volksmund "Lettenlager" genannt. Das Baltic Office wurde im Februar 1949 aufgelöst.
Das städtische Wohnungsamt hatte nun die Verfügung über die Baracken und belegte sie mit rund 1.300 wohnungslosen Personen. Die Geschichte des Lagers können Sie nachlesen in der Broschüre 1945 - als Flüchtling in Wedel von 1995. Die Publikation kann in der Stadtbücherei ausgeliehen werden.

 

Geschichte des Konzentrationslagers Wedel

Der Gedenkstätte Neuengamme sind die Informationen über das Konzentrationslager Neuengamme und die Außenstelle Wedel zu verdanken. Der akribischen Zusammentragung der Fakten aus verschiedenen Archiven und Behörden, angereichert mit Zeitzeugenbefragungen geben Kenntnis über das Konzentrationslager Wedel. Obwohl das Lager in Wedel nur wenige Wochen von mindestens September bis November 1944 zahlreiche Menschen gefangen hielt, kamen nachweislich mindestens 32 Häftlinge ums Leben. Unter ihnen waren auch 10 Männer, die aus der niederländischen Gemeinde Putten verschleppt worden waren. Putten war im Oktober 1944 Ziel einer Vergeltungsaktion der Wehrmacht, bei der alle Männer des Ortes in das KZ Neuengamme deportiert wurden.

Die Akten der Stadt Wedel hingegen, geben über das Geschehen in dem Konzentrationslager sehr wenig Auskunft. So vermerkt der städtische Beamten Siegfried Neubüser am 15.09.1949 folgendes: „Das Wachpersonal bestand überwiegend aus dienstverpflichteten Zöllnern, über deren Namen und deren Wohnort nichts zu ermitteln ist. Die Anzahl der Lagerinsassen schwankte zwischen 400 - 600 Häftlingen. Unter den Häftlingen befanden sich in erster Linie Norweger, Holländer, Juden aus Südosteuropa und Deutsche politische Häftlinge. Auch einige Franzosen sollen sich darunter befunden haben. Die Häftlinge wurden lediglich beim Bau der Kampfgräben in Sülldorf beschäftigt. Hier ist der Tod von 15 Häftlingen bekannt geworden, die auf dem Friedhof in Wedel, Breiter Weg beerdigt wurden. Diese Sterbefälle sind zum Teil jedoch vom Standesamt Wedel nicht beurkundet worden, da die Verwaltung von der Beisetzung erst nach dem Zusammenbruch durch die Friedhofsverwaltung Kenntnis erhalten hat. Bei den Toten handelt es sich um Staatsangehörige aus Lettland, Estland, Russland und Holland. Über weitere im Nebenlager eingetretenen Sterbefälle ist der Stadtverwaltung offiziell nicht bekannt geworden. Es sollen aber Leichen aus dem Lager abgefahren worden sein, vermutlich nach dem KZ-Lager Neuengamme. Da das Nebenlager in keinerlei Beziehung zur Stadtverwaltung stand, liegen hier auch keine Akten oder sonstigen Unterlagen vor. Aus diesem Grunde ist es auch nicht möglich, ein eingehendes und erschöpfendes Bild über die Verhältnisse und Vorgänge im Lager zu geben, als es vorliegend geschehen ist. … soweit die Stadtverwaltung Wedel.

Den Recherchen der Gedenkstätte Neuengamme nach, wurde das Außenlager Wedel am 13. September 1944 durch etwa 500 weibliche Häftlinge aus dem Außenlager des KZ Neuengamme Hamburg-Dessauer Ufer belegt. Es waren ungarischen und tschechischen Jüdinnen, die durch die SS in Baracken eines ehemaligen Kriegsgefangenenlagers zwischen Rissener Straße und der Feldstraße untergebracht wurden.
Sie hatten vor allem Aufräumungsarbeiten im Hamburger Stadtgebiet zu verrichten. Dafür wurden sie zu Fuß oder per Lkw an die Elbe und per Schiff weiter nach Teufelsbrück gebracht. Neben der Trümmerbeseitigung mussten dort Waggons mit Ziegelsteinen be- und entladen werden. Nach nur zwei Wochen wurde das Lager in Wedel am 27. September 1944 wieder geräumt und die Frauen kamen in das Frauenaußenlager Hamburg-Eidelstedt. Der Lagerleiter war SS Unterscharführer Walter Kümmel.

Nach der Räumung des Frauenlagers wurde das Außenlager Wedel mit männlichen KZ-Häftlingen belegt. Am 17. Oktober 1944 wurden etwa 500 Männer, meist polnische, sowjetische und niederländische Häftlinge, nach Wedel gebracht. Sie wurden zum Bau von Panzergräben für den geplanten Befestigungsring – Projekt Friesenwall - um Hamburg und zudem zu Schanzarbeiten in Hamburg-Sülldorf im Auftrag des Reichsverteidigungskommissars im Wehrkreis X eingesetzt. Auch hier wurde das Lager anschließend schnell wieder geräumt. Am 20. November 1944 wurden die Häftlinge durch die SS in das Außenlager Lager Meppen-Versen des KZ Neuengamme transportiert. Über die SS-Lagerleitung ist bislang nichts bekannt.

Weitere Infos: Homepage der Gedenkstätte Neuengamme
Broschüre KZ Wedel : Das vergessene Lager, Christus-Kirchengemeinde Schulau, 1983

Vor einigen Jahren tauchten einige wenige Kopien mit Hinweisen auf zwei Überlebende eines jüdischen Mischlingslagers in Wedel auf. Der Friseur Emil Goldstein * 1914 und der Kaufmann Erwin Fischer * 1916 wurde beide nach einem Befehl der Gestapo Lübeck im Mai bzw. im Juni 1944 in das Zwangsarbeiterlager nach Wedel gebracht. Als Begründung reichte der Gestapo die jüdische Mutter oder der jüdische Vater.
Nähere Informationen über das Lager sind nicht bekannt. 

 

Zwangsarbeit in Wedel

Seit Januar 1942 kam es zur sogenannten "Ostanwerbung" von Bewohnern der besetzten Ostgebiete zur öffentlichen Arbeitspflicht, da der Krieg zu einem dramatischen Arbeitskräftemangel in Deutschland geführt hatte. Die deutsche Kriegswirtschaft, aber auch die Landwirtschaft wäre ohne die deportierten Fremdarbeiter und Kriegsgefangener zusammengebrochen. Auch in Wedel bediente man sich dieser Arbeitskräfte. 
Von einigen Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen, von denen Spuren in den Akten auftauchen sind die Arbeitgeber bekannt. Diese sind: Allen voran die Firma J. D. Möller, die Firma Gebr. Becker und die ARGE Wenzel (Marinebauprojekt) mit den Firmen Dyckerhoff und Widmann, Gustav Jans, Gebr. Goedhard, Bilfinger, Wayss und Freytag, Habermann und Guckes, Siemens Bauunion und Beton- und Monierbau. Zudem werden die Namen von Wedeler Landwirten und den hiesigen Baumschulbetrieben genannt.

Zwangsarbeit für die Stadt Wedel

Auch die Stadt Wedel tritt als Arbeitgeber in der ARGE Wedel auf. Zudem setzten Wedeler Kohlen- und Gemüsehändler Hilfskräfte zum Abladen der Güterwaggons am Wedeler Bahnhof ein. Diese Arbeitskolonnen waren seit 1942 unter städtischer Verantwortung. Zunächst rekrutierte die Stadt ihre Arbeiter unter den Zwangsarbeitern der Bauern bzw. der Firma J. D. Möller. Erst später beschäftigte die Stadt Wedel selbst bis zu 9 russische Kriegsgefangene. Bekannt ist, dass sie im städtischen Alters- und Pflegeheim untergebracht waren und auch von dort beköstigt wurden. Zur Behandlung der Zwangsarbeiter ist hier wenig aktenkundig. Es wurden sicherlich die geltenden Versorgungsvorschriften für kriegsgefangene Russen eingehalten, also ein bestimmtes Kontingent an Nährmitteln, Gemüse (Kohlrüben) und Fleischwaren (Pferde- oder Freibankfleisch) abgegeben. Eine Bezahlung des Arbeitseinsatzes wurde an die Verwaltung des Gefangenenlagers X A in Elmshorn geleistet, zugeteilt wurden die Kriegsgefangenen über das Arbeitsamt Elmshorn. Verantwortlicher Einsatzleiter vor Ort war der Leiter des Wirtschaftsamtes und spätere Bürgermeister Heinrich Gau.

In den Akten niedergeschlagen hat sich ein Betriebsunfall, der der Berufsgenossenschaft nach Berlin gemeldet wurde. Auf einem Hofplatz in der ABC-Straße ist ein 48jähriger russischer Kriegsgefangener beim Rangieren eines mit Kartoffeln beladenen Wagens zwischen Trecker und Anhänger geraten. Er erlitt schwere Brüche und innere Verletzungen und wurde in das städtische Krankenhaus verbracht, wo er durch den Leiter des Krankenhauses, Dr. E. Müller, behandelt wurde.

Neben den vorgenannten Arbeitern wurden für das Bauschädenamt der Stadt Wedel bis zu 47 russische Arbeiterinnen beschäftigt. Diese Zwangsarbeiterinnen wurden zur Hilfe bei der Beseitigung von Schäden des Bombenabwurfes im März 1943 und zur Herstellung von Barackensiedlungen angefordert. Hier ist auch der Arbeitseinsatz genau bekannt. U. a. wurden im Oktober 1943 auf einem Sportplatz Holz- und Barackenteile abgeladen und gestapelt, Mauersteine transportiert und Schiffe im Hafen entladen. Diese Frauen waren zunächst in einem Hamburger Lager untergebracht und kamen täglich mit einem Dampfer nach Wedel. Später lebten sie im Lager Rosengarten. Zur hiesigen Unterbringung in dem Lager und zur Verpflegung gibt es leider keine Unterlagen, allerdings gibt es in den Einsatzberichten den Hinweis, dass montags sämtliche Arbeiterinnen zum Baden nach Hamburg fuhren, einen Monat später war für diesen Zweck der Sonntag arbeitsfrei. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit lag dennoch bei 65 Stunden.
Zusätzlich beschäftigte die Stadt Wedel 14 russische Frauen als Küchenhilfen im Gemeinschaftslager Rosengarten. Auch diese wurden lt. Lohnliste mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 60 Stunden mit einem Stundenlohn von 0,90 RM bezahlt. Hiervon wurden 1,40 RM täglich für Unterkunft und Verpflegung einbehalten. Der nach den Unterlagen an die Arbeiterinnen auszuzahlende monatliche Betrag lag bei 46,60 RM. Zusätzlich hatte die Stadt eine Ostarbeiterabgabe an das Finanzamt Elmshorn und den Krankenkassenbeitrag an die AOK in Pinneberg abzuführen. Von mehreren Arbeiterinnen liegen die An- und Abmeldungen bei der AOK vor.

Zwangsarbeit für die Firma J.D. Möller
Nach der Liste des CCP, abgedruckt bei M. Weinmann, hatte das Rüstungsunternehmen J. D. Möller 150 zivile und kriegsgefangene Ausländer, die in der Gastwirtschaft zum Roland wohnten, und die Firma Deutsche Vacuum Öl AG 900 Ausländer beschäftigt, die in der Rissener Straße wohnten. Ein weiteres Lager soll mit 300 Personen am Rosengarten gelegen haben.
Für die Firma J.D. Möller lassen sich in den Akten, die im Stadtarchiv vorliegen, andere Größenverhältnisse finden, die zugleich die Schwierigkeit bei der Ermittlung von genauen Zahlen verdeutlichen. Im Jahr 1942 baute die Firma J.D. Möller im Schuppen von Hinrich Dörner an der Holmer Straße ein Lager für sowjetische Kriegsgefangene oder Zwangsarbeiter ein. Nach dem 12.03.1943 wurden im Schulauer Fährhaus (im Besitz der Familie Möller) 61 französische Zwangsarbeiter der Firma Möller untergebracht. Bis zur Zerstörung der Gaststätte Zum Roland am Marktplatz im März 1943 lebten hier junge russische Frauen unter der Bewachung des Kellners Ferdinand Ramcke. Auf einem Foto von 1942 sind 30 von ihnen vor dem Gebäude abgebildet. In einem Brief an seinen Sohn schreibt der Geschäftsinhaber Hugo Möller, dass er für 140 Ostarbeiterinnen zwei Baracken auf dem Elbgrundstück zwischen "Oberbayern und Zillertal" errichtet habe. Diese waren zuvor bis 06.04.1943 provisorisch im Lokal von Biesterfeldt, Stadt Hamburg, Rolandstraße 13, untergebracht gewesen.
Bis 1943/44 tauchen in den Akten Listen mit jeweils etwa 40 französischen Kriegsgefangenen auf, die für die Optischen Werke gearbeitet haben. Diese waren für einen relativ kurzen Zeitraum im Lager Rosengarten oder im Fährhaus untergebracht. Auf einer Liste von Juni 1945 sind 200 Ukrainer im „Lager J. D. Möller“ vermerkt. Wo dieses Lager war, ist nicht ersichtlich. Bekannt sind die Namen von einigen Wachmänner der Firma J.D. Möller. Der SS-Mann und spätere Personalchef der Firma J.D. Möller Otto Wilhelm Albert Mohrdieck, ist 1944 Aufpasser für die Zwangsarbeiter. Ein Uffz. und Kdo-Führers Brühning war für den Einsatz der Kriegsgefangenen zuständig. Zudem gab es die Bewacher der Gefangenen bzw. Zwangsarbeiter Wilhelm Poggensee und Erich Haegele. Aus weiteren Unterlagen ergibt sich, dass die Firma J.D. Möller im Gefängnis Neumünster eine Etage gemietet und dort durch Gefangene wehrtechnische Geräte produzieren ließ.

Zwangsarbeit für die Firma Mobil Oil
Für den Einsatz von Zwangsarbeitern bei der Firma Mobil Oil, ehemals Deutsche Vacuum Öl AG, lassen sich in den städtischen Unterlagen keine Hinweise finden. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass die Stadt Wedel nicht mit der Zuweisung von zwangs-  oder kriegsgefangenen Arbeitern betraut war. Die Zuständigkeit lag hier an anderer Stelle. Erhalten haben sich nur die Unterlagen, in denen die Stadt selbst Arbeitgeber oder durch andere Umstände direkt betroffen war.

Einzig eine Liste aus dem Mai 1945 gibt Kenntnis, dass sich bei Kriegsende insgesamt 764 ausländische Personen in den Lagern und in Privatunterbringung befunden haben. Die Anzahl der Menschen, die während der gesamten Kriegszeit als Zwangsarbeiter oder Kriegsgefangene in Wedel gearbeitet und gelebt haben, dürfte in etwa das doppelte betragen haben. Hinzu kämen noch die ausländischen Beschäftigten, die vermutlich für die Deutsche Vacuum AG und die HEW gearbeitet haben, die möglicherweise in Hamburg gewohnt haben.

Auflistung der Lager vom Mai 1945 in der Akte 717.4
Belegstärke der in Wedel/Holstein befindlichen Lager
Städtisches Gemeinschaftslager Rosengarten

Franzosen:

47 Männer

2 Frauen

Holländer:

20 Männer

Polen:

13 Männer

Italiener:

19 Männer

Belgier:

2 Männer

Kroaten:

2 Männer

Slowaken:

2 Männer

Portugal:

1 Mann

Spanier:

2 Männer

Ostarbeiter:

17 Männer

34 Frauen

4 Kleinkinder

Lager J. D. Möller
 

Ukrainer:

8 Männer

175 Frauen

19 Kinder

Lager 2 Rissener Straße

Holländer:

49 Männer

Belgier:

3 Männer

3 Frauen

Polen:

30 Männer

Ostarbeiter:

24 Männer

31 Frauen

Privat untergebracht

Ostarbeiter:

68 Männer

43 Frauen

4 Kinder

Polen:

53 Männer

17 Frauen

11 Kinder

Holländer:

7 Männer

5 Frauen

Dänen:

1 Mann

1 Frau

1 Kind

Russenlager

112 Kriegsgefangene

Insgesamt:

764 Personen

Die hier eingestellte Liste wurde ab 2018 aus Unterlagen des Stadtarchivs Wedel erstellt und wurde mit Informationen aus verschiedenen Datenbanken (ITS Arolsen und Shoa Foundation), aber auch Literatur über Zwangsarbeiter angereichert. Berücksichtigung fanden zudem die Register des Standesamtes Wedel. Aufgeführt sind Personen, die namentlich in Aktenvorgängen der Stadtverwaltung Wedel genannt werden. Das betrifft z.B. die Zwangsarbeiter, Kriegsgefangenen oder Inhaftierten des Konzentrationslagers, die für die Räumung von Trümmern oder die Arbeiten am Bahnhof für die Stadt Wedel gearbeitet haben. Oder auch Personen, die für die Stadtverwaltung in Wedel nach dem Luftangriff 1943 die Baracken aufgestellt und Reparturarbeiten an den zerstörten Gebäuden vorgenommen haben. Namentlich bekannt sind auch die Personen, die in Wedel verstorben sind. Von Arbeitern, die für die verschiedenen Industrie- oder Landwirtschaftsbetriebe in Wedel gearbeitet haben ( J.D. Möller, Deutsche Vacuum, Gebrüder Becker, Baumschulbetriebe, Bauernhöfe etc.), können die Namen nur aus den Firmenunterlagen der Betriebe ermittelt werden. Diese Firmenunterlagen liegen der Stadtverwaltung Wedel nicht vor und sind daher auch nicht im Stadtarchiv aufzufinden. Da es für Firmen keinerlei Verpflichtung gibt, Unterlagen über den Zeitablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist, der in der Regel 10 Jahre ist, aufzubewahren, sind sie vielleicht bereits durch die Firmen und/oder deren Firmennachfolger vernichtet worden. Daher kann diese Liste nicht die tatsächliche Anzahl der Personen aufzeigen, die während des Zeitraums 1942-1946 in Wedel als Zwangsarbeiter tätig war. Zugleich können sich in dieser Liste aber auch Personen befinden, die gar keine Zwangsarbeiter waren, sondern als ausländischer Vertragsarbeiter bestimmte Aufgaben tätigten. Die Akten aus den Jahren legen dies nicht deutlich dar. In den Jahren 2000 - 2004 haben betroffene Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern für die Durchsetzung ihres  Anspruchs auf Entschädigungszahlung in verschiedenen Behörden und Archiven Recherchen vorgenommen, so auch in Wedel. Personen, die plausible Angaben vorgelegt haben, wurden ebenfalls in dieser Liste erfasst. (Stand Februar 2024)
Liste der Zwangsarbeiter

Den Opfern einen Namen geben - Stolpersteine in Wedel

Helene Johannsen geb. Struckmeyer

Ab September 1939 wurde in Deutschland damit begonnen, in zahlreichen psychiatrischen Anstalten kranke Menschen im Sinne der nationalsozialistischen Rassenhygiene zu ermorden. Der „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ fielen insgesamt wohl in ganz Europa etwa 200.000 bis 300.000 Menschen zum Opfer, die als nicht rentabel oder nützlich für die Gesellschaft galten. Dafür wurden in der Regel die Patienten aus den psychiatrischen Krankenhäusern in eine besondere Einrichtung verbracht, in der dann die Tötungen vorgenommen wurden.
Aus Wedel sind die Namen von sehr wenigen Opfern bekannt. Es ist anzunehmen, dass es noch weitere Wedeler gegeben hat, die bis 1945 in den Tötungsanstalten umgebracht wurden. Den Opfern einen Namen geben, ist der erste Schritt zum Gedenken an sie. Die acht bekannten Opfer kamen in den Einrichtungen Brandenburg an der Havel, Bernburg, Meseritz-Obrawalde oder Hadamar zu Tode. Zuvor waren sie Patienten der Landesheilanstalt Neustadt/Holstein, der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn oder auch der Landesheilanstalt Schleswig-Stadtfeld.
Sie kennen weitere Namen? Dann kontaktieren Sie bitte das Stadtarchiv Wedel.

Anna Berta Dziemba * 16.10.1913 Wedel + 02.06.1941 Bernburg II
Die Tochter des Arbeiters Thomas Dziemba und dessen Frau Josepha Brzezinski wurde höchstwahrscheinlich in der Tötungsanstalt in Bernburg ermordet.
 

Betty Elkeles * 3.2.1885 Hamburg + 23.9.1940 Brandenburg. Betty Elkeles war jüdischen Glaubens und lebte vermutlich seit 1915 in Wedel. Ab 1927 bis zum Mai 1939 war sie Alumne des städtischen Alters- und Pflegeheim an der Gärtnerstraße. Von dort wurde sie in die Landesheilanstalt Neustadt / Holstein eingewiesen. Im September 1940 wurde sie nach Langenhorn gebracht, um von dort zwei Wochen später in die Tötungsanstalt Brandenburg verbracht wurde. Dort fand sie am selbigen Tage den Tod.

 

Frieda Olga Eschenburg * 27.07.1912 Holm + 04.06.1941 in Bernburg. Frida war die Enkeltochter des Holmer Lehrers Johann Hinrich Eschenburg, nach dem heute die Holmer Schule benannt ist. Seine Tochter Frieda Auguste war unverheiratet, als sie das Kind zur Welt brachte. Warum die junge Frieda bis zum 16.05.1941 Patientin der Landesheilanstalt Schleswig-Stadtfeld war, ist noch unbekannt. Knappe drei Wochen nach ihrem Abtransport in die Tötungsanstalt Bernburg wurde sie umgebracht.

 

August Hinck * 13.4.1865 Wedel + 08.05.1944 Meseritz. Ein Familienzweig der Familie Hinck war in der Pinneberger Straße 18 ansässig, von dem Geschwister Augusts war keiner mehr in Wedel. Er wurde im Oktober 1943 von der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn in das Landeskrankenanstalt Meseritz-Obrawalde verbracht. Ein knappes halbes Jahr später wurde er dort ermordet.

 

Willi Hinsch * 16.5.1912 Wedel + 1943 Meseritz. Willi war der Sohn einer Arbeiterfamilie aus der Schulstraße. Die Ehe seiner Eltern wurde im Januar 1920 geschieden. Nach den Unterlagen kam er 25. März 1943 von der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn in das Landeskrankenanstalt Meseritz-Obrawalde. Nach einem Vermerk in seinem Geburtsregistereintrag soll er 1945 in Neustadt/Holstein zu Tode gekommen sein.

 

Helene Johannsen geb. Struckmeyer * 7.12.1879 Wedel + 1944 Meseritz. Helene wurde als Tochter in die Familie des wohlhabenden Schlachtermeisters und Gastwirts Andreas Martin Struckmeyer geboren. 1899 heiratete sie – bereits im sechsten Monat mit einem Mädchen schwanger - den jungen Postgehilfen Theodor Johannsen. Dieser entpuppte sich nach einigen Jahren als aufstrebenden Kaufmann und späterer Mäzen für Wedel. Helene hingegen erkrankte 1908 an einem Frauenleiden, dass operiert wurde. Danach wurden eine nervliche Erkrankung und eine psychische Störung diagnostiziert. Nach einem missglückten Selbstmordversuch in der Elbe bei Övelgönne im Jahr 1910 lebte sie im Sanatorium Schellhorner Berg bei Preetz. 1925, die Ärzte sprachen mittlerweile vom Krankheitsbild Schizophrenie, wurde ihre Ehe geschieden. In den 1930er Jahren wurde sie in die Heil- und Pflegeanstalt Neustadt eingewiesen. Von dort aus muss sie in den 1940er Jahren in das Landeskrankenanstalt Meseritz-Obrawalde gelangt sein, wo sie getötet wurde.

 

Gertrud Julie Fanny Kroll geb. Schwarzbach * 09.08.1895 Schleusingen/Thüringen + 04.11.1941 Landsberg an der Warthe. Fanny kam mit ihrem älteren Bruder aus Thüringen nach Wedel. Während er Anstellung als Optiker bei J.D. Möller Wedel fand, heiratete sie 1920 den Tischler Johann Julius August Kroll. Mit ihm bekam sie fünf Kinder. Nach der Geburt des letzten, wohl krankten Kindes entwickelte sie eine psychische Erkrankung und wurde 1929 in die Landesheilanstalt Neustadt/Holstein eingewiesen. Im September 1941 wurde sie in die Pflege- und Heilanstalt Landsberg an der Warthe verlegt. Dort wurde sie am 04.11.1944 getötet.

 

Anna Maria Wegner geb. Mohr * 28.07.1899 Holm + 1944 Hadamar. Über das Leben der Tochter des Holmer Landmannes Hinrich Mohr und seiner Frau Catharina Margaretha geb. Struckmeyer ist nicht viel bekannt. Sie heiratete 1921 in Wedel den Kutscher Bernhard Wegner. Die Ehe wurde 1936 geschieden. Einzig der Eintrag im Geburtenregister des Standesamtes weist nach, dass sie im Jahr 1944 in Hadamar bei Limburg verstorben ist. In der Tötungsanstalt Hadamar fanden rund 14.500 psychisch Kranke Menschen den Tod.

 

Fünf Stolpersteine sind im Jahr 2015 und 2017 auf Intitiative von Schülerinnen und Schülern der Gebrüder-Humboldt-Schule in Wedel verlegt worden. Nähere Informationen über die Personen auf der Homepage http://www.stolpersteine.eu/ und bei wikipedia
Bahnhofstraße 35 für Karl Timm
Breiter Weg 103  für Gertrud Kroll
Gärtnerstraße 17 für Betty Elkeles
Rudolf-Höckner-Straße 1 für Franz Hinrich Borchert
Schloßkamp 31 für Helene Johannsen geb. Struckmeyer

Im März 2022 wurde für die Opfer des Konzentrationslager Wedel an der Ecke Rissener Straße / Puttener Weg eine Stolperschwelle verlegt.

 

Jüdisches Leben in Wedel

Jetta Husmann geb. Kahn

In Wedel haben sich im 19. und im beginnenden 20. Jahrhunderts nur sehr wenige Personen des jüdischen Glaubens angesiedelt. Daher konnte auch keine Synagoge gegründet werden. Die nächste Gemeinde für die Gläubigen lag entweder in Elmshorn oder in Altona.

Dennoch gab es während der Zeit des Nationalsozialismus den tragischen Tod einer Kauffrau jüdischen Glaubens. Die Witwe Jetta Husmann geb. Kahn * 30.11.1872 in Mayen betrieb in der Bahnhofstraße 28 ein Weißwarengeschäft. Ihr Mann, der Händler Johann Jakob Husmann war bereits 1928 in Wedel verstorben.
Auch Jetta "Sara" Husmann musste Repressalien über sich ergehen lassen. So erhielt sie am 8. November 1938 durch das Finanzamt Elmshorn die Aufforderungen, die Judenvermögensabgabe zu zahlen. Kurz nachdem sie im Juli 1942 im Alter von 70 Jahren den Deportationsbefehl zum Abtransport in ein Lager bekam, setzte sie ihrem Leben am 17.07.1942 in Wedel ein Ende, indem sie sich erhängte. Zwei Monate später, am 22.09.1942 verfasste der vereidigten Auktionator Andreas Huck ein Schreiben an Frau Husmann, in dem er die zur Versteigerung anstehenden Gegenstände der Jetta Sara Husmann anführte. Unter den Hammer kamen u.a. ihr Bett und der Kleiderschrank, aber auch Handschuhe, Strümpfe und ein Schirm. Den Akten des Oberfinanzpräsidiums Hamburg, die sich heute im Staatsarchiv Hamburg befinden, kann entnommen werden, dass die Versteigerung ihrer Sachen am 28.09.1942 - höchstwahrscheinlich im Amtsgerichtsgebäude An der Drehbahn 36 in Hamburg - dem Hamburger Stadtsäckel 235 RM eingebrachte.  

Eine andere jüdische Familie war wenige Jahre von 1893 - 1903 in Wedel wohnhaft: Kaufmann Hermann Liebenthal und Emilie Liebenthal geb. Rosenbaum und deren Tochter Gertrud Liebenthal * 05.02.1896 in Wedel. Gertrud Liebenthal studierte  an der Universität Rostock Medizin und wurde Ärztin für Orthopädie und Geburtshilfe. 1922 heiratete sie den Arzt Dr. Walter Sonnenfeldt. Beide konnten 1939 von Gardelegen aus nach Schweden entkommen und es gelang ihnen die Flucht in die USA. Sie waren die Eltern von Richard Wolfgang Sonnenfeldt, Chefdolmetscher während der Nürnberger Prozesse und Helmut Sonnenfeldt, der Berater von Henry Kissinger wurde.

 

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